Auch im zweiten Versuch ist das US-Unternehmen Biogen mit seinem Medikament Aduhelm, dessen Wirkungsweise als umstritten gilt, in Europa gescheitert
Aufgrund mangelnder Erfolgsaussichten der US-Pharmakonzern Biogen den Antrag auf Marktzulassung für sein Medikament Aduhelm für Alzheimer in Europa zurückgezogen. Damit dürften die Chancen, dass das umstrittene Medikament mit dem Wirkstoff Aducanumab, das teilweise starke Nebenwirkungen wie Hirnschwellen verursachte, in Europa auf dem Markt kommt, vorerst schlecht stehen. Für eine Vermarktung wären neue Studienergebnisse von Biogen erforderlich, was wiederum einige Jahre in Anspruch nehmen würde.
Die Europäische Arzneimittelagentur EMA habe in Gesprächen darauf hingewiesen, dass sie die vorgelegten Daten als unzureichend einstufen würden, um eine Zulassung verantworten zu können. Dies teilte das US-Pharmaunternehmen am Freitagnachmittag mit.
Es ist nicht das erste Mal, dass das Medikament Aduhelm auf Ablehnung stößt, denn schon im Dezember wurde es von der EMA abgewiesen. Daraufhin leitete Biogen eine Überprüfung der Beurteilung ein. Dabei hieß es, dass man Aducanumab weiterhin als sicher und wirksam einstufen würde und den bevorstehenden Datenauswertungen mit Zuversicht entgegen blicke. Priya Singal, die Interims-Forschungschefin von Biogen erklärte in Bezug auf die erneute Ablehnung des Zulassungsantrages außerdem, dass man weitere wissenschaftliche Forschungsresultate über diese neue Wirkstoffklasse bereitstellen würden.
Der Großteil der Investoren hätte ohne keine großen Erwartungen hinsichtlich einer Zulassung im europäischen Raum gehabt. Dennoch musste die Biogen-Aktie als Reaktion auf die Entscheidung Verluste von mehr als drei Prozent an Wert einbüßen.
Viele medizinische Spezialisten einschließlich der für die Beurteilung von Arzneimitteln zuständige Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA empfinden die Belege, dass Aduhelm tatsächlich als Prävention oder Wirkungsmittel gegen das Voranschreiten der Alzheimer-Erkrankung genutzt werden kann, als unzureichend.
Fokus liegt auf Roche und Eli Lilly
Damit scheint auch die Hoffnung auf Umsätze in Milliardenhöhe, die einst mit dem Medikament verknüpft war, zu schwinden. Obwohl das Arzneimittel seit Juni 2021 in den USA eine Zulassung hat, stand diese von zahlreichen Experten aufgrund der zweifelhaften Wirkung stark in der Kritik. Infolgedessen kam es zu starken Umsatzeinbußen.
Ungeachtet dessen befürworteten einige Mediziner und Patientenvereinigungen auch eine eingeschränktere Zulassung des pharmazeutischen Produkts unter strikten Auflagen.
Grund dafür ist, dass es nach wie vor einen ungedeckten Bedarf an Demenztherapeutika gibt. Wissenschaftler weltweit konnten noch keine Wirkstoffe finden, die an dem Auslöser von Morbus Alzheimer arbeiten.
Nun wolle man sich verstärkt auf Produktkandidaten der Pharmakonzerne Roche und Eli Lilly konzentrieren, die Alzheimer Wirkstoffe in fortgeschrittenen Studien prüfen. Diese befolgen jedoch das selbe zweifelhafte Wirkprinzip wie das Medikament aus dem Hause Biogen.